Meralgia Parästhetica (Kompression des Nervus cutaneus femoris lateralis)
Anatomie:
Der N. cut. fem. lat. entspringt dem Plexus lumbalis, zieht der Beckenwand folgend nach vorne und tritt in Höhe der Spina iliaca anterior superior durch die Muskulatur unter die Faszie. Jetzt läuft der Nerv unter dem Leistenband in den lateralen Oberschenkel und versorgt hier sensibel die Haut. Oft gibt es anatomische Varianten.
Geschichte:
Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Kompressionssyndrom zum ersten Mal beschrieben. Prominentester Patient war Sigmund Freud. Schon damals wurde der Nerv erstmals reseziert In den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts wurde die erste Dekompression durchgeführt.
Symptome:
Es treten zuweilen rezidivierend, aber auch persistierende Hypästhesien im Bereich des lateralen Oberschenkels auf. Hinzu treten zuweilen störende oder schmerzhafte Missempfindungen in diesem Bereich, vor allem bei Belastung, aber auch im Liegen oder Stehen.
Ursache:
Der Nervus cutaneus femoris lateralis wird beim Austritt aus dem Becken in Höhe der Spina iliaca anterior superior eingeklemmt, wo er nahezu eine 90° Wndung vollzieht und unter der Faszie hindurchtritt. Äußere Faktoren wie Übergewicht, zu enge Kleidung, die in der Literatur genannt werden, stehen unserer Ansicht und Erfahrung nach nicht im Vordergrund. Traumata oder vorangegangene Operationen im Bereich des Nervens sind manchmal Ursache der Symptomatik.
Diagnostik:
Vor allem bei adipösen Patienten ist die Messung der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit oft sehr schwierig. Manche Autoren empfehlen eine aufgrund der anatomischen Variabiliät des Nervens sehr aufwendige Messung der sensorisch evoziereten Potentiale. Am verbreitetsten ist die lokale Infiltration und Blockade des Nervens. Tritt hierauf eine Besserung ein, ist die Diagnose gesichert.
Differenzialdiagnose:
In erster Linie ist eine radikuläre Kompression abzugrenzen, seltener Raumforderungen oder anderweitige Kompressionen des Nervens.
Konservative Therapie:
Reine Sensibilitätsstörungen ohne Schmerzsymptomatik sind nicht unbedingt therapiebedürftig. Zuweilensind sie auch spontan rückläufig. Zu enge Kleidung sollte vermieden werden. Adipöse Patienten sollten ihr Gewicht reduzieren.
Oft lässt sich die Beschwerdesymptomatik durch lokale Infiltrationen des Nervens bessern, in bis zu 50% auch anhaltend.
Operative Therapie:
Bei Versagen der konservativen Therapie ist eine operative Therapie in Abhängigkeit mit der Symptomatik notwendig. Es gibt zwei Operationsverfahren. Vor allem früher wurde eine Resektion des Nervens in Höhe des Austrittes aus dem Becken vorgenommen. Hierbei kommt es zu einer Taubheit im Bereich des lateralen Oberschenkels. Als postoperative Komplikation kann es zu einer sehr therapieresistenten Schmerzsymptomatik im Bereich des Nervenstumpfes kommen. Anatomisch korrekter ist die Dekompression des Nervens in Höhe der Spina iliaca anterior superior. Die Ergebnisse beider Operationsverfahren ist als gleichwertig anzusehen.
Operative Risiken:
Die Riskien sind überschaubar. Neben der Wundinfektion, der Nachblutung und der sehr seltenen Rezidivmöglichkeit, können Restbeschwerden übrigbleiben und eine Verletzung des Nervens vorkommen. In diesem Falle käme es wie bei der Durchtrennung des Nervens zu einer Taubheit im lateralen Oberschenkel. Selten entsteht bei adipösen Patienten ein Serom, das gegebenenfalls punktiert werden muß.
Ergebnisse:
Bei korrekter Durchführung der Operation ist die Erfolgsaussicht gut. Etwa 80% erreichen eine deutliche Schmerzreduktion oder Beschwerdefreiheit.
Unser Vorgehen:
Wir führen eine ambulante Dekompression des Nervens in Allgemeinnarkose durch. Die Patienten können sich postoperativ unter Einhaltung einer körperlichen Schonung voll Belasten. Die Wunde wird am ersten und am 7. postoperativen Tag verbunden. Der Faden wird in Abhängigkeit der Wunde am 7. oder 10. postoperativen Tag entfernt.